Als ich 2013 wieder angefangen habe mich mit meinen Commodore-Rechnern zu beschäftigen ging es mir ja primär darum, meine Sammlung zu katalogisieren und zu prüfen, welche Geräte noch funktionieren. Es war weder geplant die bestehende Sammlung zu erweitern, noch irgendwelche Geräte zu reparieren, da mir dafür sowieso die Elektronikkenntnisse fehlen. Das änderte sich drei Jahre später, als ich bei eBay einen Commodore PET 2001-16N entdeckte und kaufte (aber das ist eine andere Geschichte). Da ich schon damals™ gerne einen CBM 8296-D aufgrund seines formschönen Designs für meine Sammlung gehabt hätte, begann ich nun aktiv nach so einem Gerät auf eBay, eBay-Kleinanzeigen, Shpock und willhaben.at und auf den Marktplätzen einschlägiger Foren Ausschau zu halten.
Das Design des CBM 8296-D ist identisch mit dem vom CBM 8032-SK, 8096-SK, aber auch CBM 710/720/730, also den “High-Profile”-Modellen der CBM-II-Reihe. In zeitgenössischen Publikationen (und vielleicht auch von Commodore selbst) wurde das Design als “Porsche-inspired” bezeichnet. So hält sich bis heute leider hartnäckig das Gerücht, das Gehäusedesign stamme wirklich von Porsche Design. In Wirklichkeit handelt es sich bei dem Designer um Ira Velinsky, den damaligen “Hausdesigner” von Commodore (und später von Atari), was sich durch eine Recherche beim United States Patent and Trademark Office leicht belegen lässt.
CBM 8296-D wurden 2016 selten angeboten. Zudem las ich im Forum des Vereins zum Erhalt klassischer Computer e.V., dass u.a. die in diesem Rechner integrierten Diskettenlaufwerke das Problem auslaufender, korrosionsverursachender Elkos haben, was mich mehr und mehr abschreckte. Da ich mir den (im Forum sehr gut beschriebenen) Austausch der Elkos nicht zutraute, suchte ich nun eine Zeit lang nach einem bereits überholten CBM 8296-D. Irgendwann fand ich zwar das Angebot eines Schweizers, der wollte jedoch ~1.000 € für sein Gerät haben, was mir dann doch ordentlich zu teuer war. Als ich dann im Februar 2017 auf das Angebot eines “CBM 710 in gutem Originalzustand” stieß, war mein Interesse geweckt. Ich einigte mich mit dem Verkäufer aus Wilflingen auf den Betrag von 430 €, was mir für ein (nach meiner Wahrnehmung) sehr seltenes Commodore-Rechnermodell noch fast “günstig” erschien. Am 18.02.2017 fuhr ich dann zum Verkäufer, um das Gerät abzuholen.
Ein alter Rechner ist für mich auch immer ein Stück Zeitgeschichte, und mit dem Gerät selbst ist immer auch eine individuelle Geschichte verbunden. Die Geschichte meines CBM 710 begann bei der Fa. Paul Hafner in Wellendingen, einem Werkzeugbau- und Stanztechnologie-Unternehmen. Lt. Verkäufer wurde der CBM 710 dort viele Jahre zum Drucken von Versandetiketten eingesetzt. “Nach dem Brand” (?) sei der Rechner dann “nur noch rumgestanden”. Neben dieser interessanten Geschichte, erlebte ich bei der Abholung gleich noch ein paar Überraschungen:
- Beim Einschalten meldete sich der Rechner mit 256KB RAM (eigentlich hat ein CBM 710 nur 128KB RAM).
- Es war ein lautes Pfeifen aus RIchtung des Netzteils zu hören, weshalb ich den Rechner gleich wieder ausschaltete.
- Ich bekam zum Rechner das Original-Handbuch in sehr gutem Zustand.
- Der Verkäufer hatte passend zum Rechner noch einen Drucker (Commodore MPP-1361), welchen er mir als Dreingabe schenkte, da sich nach dem Einschalten der Schlitten nicht bewegte (auch das ist eine andere Geschichte). Da der Drucker optisch gut aussah, am Gehäuse nichts gebrochen war und ein gut erhaltenes Handbuch dabei war, habe ich den Kaufpreis auf 450 € aufgerundet.
- Der Verkäufer hatte noch einen leeren Commodore-Aktenordner, den er mir schenkte.
Leider war die für den Etikettendruck bei Fa. Hafner eingesetzte Software nicht mehr vorhanden, da diese bereits mit dem ursprünglich zugehörigen Doppel-Diskettenlaufwerk 8250LP separat weiterverkauft worden war.
Zu Hause angekommen, habe ich den Rechner zunächst mal geöffnet und ein paar Fotos gemacht:
Auf der Platine war dann schnell zu sehen, dass das RAM auf 256 KB aufgerüstet und der Rechner mit den ROMs für das Modell CBM 720 ausgestattet worden war (die er benötigt um die 256 KB RAM nutzen zu können).
Ich fing nun an mich mit der Programmierung des CBM-II anhand des 700 Reference Guides zu beschäftigen, tat dies aber zumeist im Emulator, da das Netzteilpfeifen erstens nervig und zweitens auch beunruhigend war. Ende Juli 2017 habe ich dann mal das Netzteil ausgebaut und reingeschaut, in der Hoffnung, sofort geplatzte Elkos zu sehen, die eindeutig ausgetauscht werden müssten. Da das Netzteil innen aber tadellos aussah, bat ich im Forum des VzEKC e.V. um Hife (was muss bei dem Symptom getauscht werden, wo muss ich welche Teile bestellen, …)? Da ich so gut wie keine Löterfahrung und absolut keine Ahnung von Elektronik habe, war der Plan, die Bauteile zu beschaffen und das freundliche Angebot meines Schwagers zu nutzen, die Teile fachgerecht zu für mich zu tauschen. Auf Zimmers.net war ich vorher schon zufällig auf den Schaltplan des Netzeils gestoßen. Die Forumsdiskussion ergab nebenbei, dass dieser Schaltplan nicht von Commodore stammte, sondern von einem Forenuser (vossi) erstellt worden war.
Beim Googeln nach Unterlagen und Reparaturhilfen zu dem (Dritthersteller)-Netzteil war ich bei eBay auf das Angebot neuer (NOS = new old stock) Netzeile gestoßen (CEAG Sach Nr. 40071065855). Für 34,39 € (inkl. Versandkosten) kaufte ich das letzte aus dem Posten und freute mich schon, durch Austausch des gesamten Netzteils den Rechner endlich ohne das Pfeifen wieder nutzen zu können. Mitte September 2017 wollte ich das “neue” Netzteil endlich einbauen, entschied mich aber sicherheitshalber dafür, vor dem Einbau zunächst die Spannungen zu messen. Es könnte ja sein, dass das Netzteil defekt wäre und gar keine, oder zu hohe Spannungen liefern würde. Der Test dauerte weniger als 30 Sekunden, dann gab es im Netzteil einen Knall, gefolgt von Rauch und Gestank. Nach Abnahme des Deckels zeigte sich, dass von einem Entstörkondensator (RIFA Filter) ein Stück abgeplatzt war:
Jetzt hatte ich also ein pfeifenden und ein kaputtes Netzteil. Als ich das im Forum berichtet habe hat mir der User Toast_r netterweise sofort die passenden Ersatzteile von Reichelt rausgesucht und den Tipp gegeben, nicht nur das eine geplatzte Teil, sondern gleich noch ein paar weitere zu tauschen:
- 1 x MKP-X2 220N2
- 2 x MKP-Y2 2,2N2
- 1 x MP3-X2 4,7N
Zum Jahreswechsel 2017/2018 hatte mein Schwager etwas Zeit und hat dann im “neuen” Netzteil – wie empfohlen – sämtliche Folienkondensatoren getauscht (rot und grün markiert):
Anschließend habe ich das “neue” Netzteil in den Rechner eingebaut. Der CBM 700 ist zwar leicht zu öffnen und hat – ähnlich wie alte Autos – eine Stange, die die “Motorhaube” offenhält. Leider ist der Bildschirm aber so schwer, dass der Rechner im geöffneten Zustand einen so ungünstigen Schwerpunkt hat, dass er sehr leicht nach vorne umkippen kann. Beim Netzteilaufbau muss man unbedingt auf ein paar Dinge achten:
- Der obere Teil des Rechners kann sehr leicht nach vorne kippen und das Gewicht des integrierten Bildschirms reißt dann alles mit sich.
- Ein Leitungspaar geht direkt vom Netzteil in den Bildschirmteil, d.h. man muss auch das Bildschirmgehäuse öffnen und darf unter keinen Umständen die Bildröhre berühren, wenn man – wie ich – keine Ahnung von sowas hat. HOCHSPANNUNG! LEBENSGEFAHR!
Um das Leitungspaar durch das kleine Loch zwischen Rechner- und Bildschirmgehäuse habe ich eine lange Pinzette (in Verbindung mit Gummihandschuhen) verwendet. - Mit einer Netzteilbefestigungsschraube ist eine Masseleitung zum Gehäuse verbunden. Diese darf man beim Wiedereinbau nicht vergessen.
- Mit einer Netzteilbefestigungsschraube ist ebenfalls der interne Lautsprecher befestigt.
- Der am Netzteildeckel befestigte Lüfter wird aus dem Netzteil direkt mit Netzspannung versorgt. LEBENSGEFAHR!
Hier ein paar Fotos von der Netzteiltauschaktion:
Nach dem Einbau des “neuen” Netzteils habe ich dann den Rechner eingeschaltet. Er funktionierte zwar, aber das “neue” Netzteil hatte das gleiche Pfeifen wie das alte (welches übrigens bei beiden nur auftrat, wenn das Netzteil mit dem Mainboard verbunden war, d.h. in ausgebautem Zustand gab es bei beiden Netzteilen KEIN Pfeifen)! Eine weitere Rückfrage im Forum ergab dann, dass die Ursache für das Pfeifen wohl eindeutig die sechs großen, orangefarbenen Elkos sind. Von vossi bekam ich dann netterweise gleich noch die Reichelt-Artikelnummern:
- RAD 105 1.000/63
- RAD 105 2.200/25
- RAD 105 470/63 (habe ich nicht getauscht, da lt. vossi das Pfeifen immer an den 1000er und 2200ern liegt)
Zum Jahresende 2018 habe ich dann endlich beim ausgebauten Originalnetzteil sowohl die Folienkondensatoren als auch die sechs großen, orangefarbenen Elkos selbst getauscht. Über den Zeitraum von 1,5 Jahren habe ich mich offenbar ausreichend mit der Materie beschäftigt, so dass ich mir das irgendwann selbst zugetraut habe. Da ich aber mit meiner Entlötsaugpumpe nicht recht weiterkam, habe ich mir kurzerhand für wenig Geld eine beheizte Entlötpumpe gekauft, nachdem ich mir ein Anleitungsvideo zum Elko-Tausch auf YouTube angesehen hatte.
Nach dem Ausbau des “neuen” und Einbau des (teil-)revidierten Originalnetzteils (bei dem mir der Rechner wirklich nach vorne gekippt ist, wobei glücklicherweise nichts kaputt ging) funktioniert er nun weiterhin und das Pfeifen ist nicht mehr vorhanden.
Bleibt nur noch im “neuen” Netzteil die Elkos ebenfalls zu tauschen, damit ich ein einwandfreies Netzteil hier habe, falls es irgendwann nochmal im Rechner knallen, rauchen und stinken sollte…
[…] bereits geschrieben, war ich seit 2013 immer wieder mal auf der Suche nach einem CBM 8296-D. Anfang 2017 habe ich mir […]
[…] dem Reparierenlernen geht es nach und nach voran. Für den richtigen Spirit habe ich mir kürzlich das Buch “Die Kultur der […]